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Konzept

VON FREMDEN LÄNDERN IN EIGENEN STÄDTEN

 

Rund um den Düsseldorfer Hauptbahnhof realisiert sich ein letzter Moment urbanen Lebens in seiner ganzen Härte, Heterogenität und Schönheit. Das Viertel gilt als letzter unerforschter urbaner Raum der Stadt, der aktuell durch große stadtplanerische Transformationsprozesse bestimmt wird. Als zentraler Empfangsort und als virulente Schnittstelle zwischen Welt, Ort und Eigenem ist das Quartier geprägt durch dysfunktionale Räume, passantenfeindliche Verkehrskonzepte und eine Architektur der 1980er- Jahre, die jedes menschliche Maß vermissen lässt. Gerade hier haben sich zahllose verborgene kulturelle und subkulturelle Qualitäten widerwillig, subversiv und widerständig eingerichtet. Von fremden Ländern in eigenen Städten ging als großes interdisziplinäres Kunst- und Kulturprojekt mit Akteurinnen und Akteuren aus bildender Kunst, Theater, Tanz, Film und Musik, besonders aber mit den Anwohnerinnen und Anwohnern und Aktiven des Viertels auf die Suche nach seiner Zukunft.

 

Prolog 2017 In einem umfangreichen Prolog wurden im Jahr 2017 als Einstiegs- und Forschungsphase rund 30 Stadtrundgänge angeboten, die im Wesentlichen von den Anliegern und Protagonisten dieses besonderen Stadtraums selbst entwickelt und durchgeführt wurden. Sie luden die Bevölkerung auf eine Reise in die eigene Stadt ein, die oft auf überraschend unbekanntes Terrain führte und ein überwältigendes Interesse fand. Ausstellung 2018 Im Jahr 2018 zeigte das Projekt in einer groß angelegten Ausstellung im öffentlichen Raum die von den Künstlerinnen und Künstlern und den Protagonisten des Viertels entwickelten Perspektiven auf diesen heterogenen Stadtraum. Unter der kuratorischen und organisatorischen Leitung von MAP entstanden 17 kontextbezogene Kunstprojekte internationaler Künstlerinnen und Künstler sowie ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm mit Theater,- Tanz- und Medienprojekten in Kooperation mit verschiedenen Partnern und den Anliegern des Quartiers.

 

Epilog 2019 Beschlossen wurde Von fremden Ländern in eigenen Städten im Jahr 2019 mit einem Epilog, der die Fragen nach den zukünftigen Umsetzungen der Projektergebnisse durch Politik und Stadtplanung stellte. Wie können die Erkenntnisse der Künstler und Anlieger in konkreten Maßnahmen münden, um ein nachhaltiges Wirkungsverhältnis zwischen Kunst, Alltagskultur und Stadtplanung zu etablieren? Wie können Beteiligungsprozesse ehrlich und wirkungsvoll gestaltet werden, um die bürgerliche Fachkompetenz bei der Stadtentwicklung aktiv einzusetzen? Wie sehen Handlungsstrukturen aus, die zu einem dauerhaft kooperativen Denken und Handeln zwischen allen Akteuren der Stadt führen?

 

Ein Rundgang Die Ausstellung folgte einem kompakten Rundweg im direkten Umfeld des Hauptbahnhofs Düsseldorf, um die hier auf engstem Raum komprimierten Raumtypologien und die abrupten Szenenwechsel in ihrer ganzen Heterogenität erlebbar zu machen. Vom Worringer Patz als subkulturellem Zentrum des Viertels führte der Weg entlang des Central und der megalomanischen Postbauten der 1980er-Jahre durch den unwirtlich- virulenten Verkehrsraum am internationalen Busbahnhof bis hin zum Konrad-Adenauer-Platz als ambivalentem Empfangsort der Stadt. Der radikale Wechsel in der Aufmerksamkeitsökonomie von Vorder- und Rückseite wurde beim Durchqueren des Bahnhofs und der Ankunft am viel gescholtenen Bertha-von-Suttner-Platz manifest, um im früheren Arbeiterstadtteil Oberbilk einem vehementen Spannungsabfall Platz zu machen. Hier leitet die Eisenstraße über ins Viertel an der Ellerstraße, das traditionell durch Migration und ein multikulturelles Miteinander geprägt ist. Das fast verschwundene Milieu um Bahndamm und Vulkanstraße wurde genauso zum Spielort des Projekts wie die vermeintliche Rotlichtpassage durch die Mintropstraße zwischen Tabledance, Hamam und legendären Ateliers. Am Stresemannplatz beginnt dann – zurück im Frontbereich des Bahnhofs – ein vitales internationales Viertel zwischen Wohnen, Arbeiten und asiatischem Flair, in dem der Rundgang schloss.

 

Im Umbruch Der Ausstellungsparcours führte so durch ein hochspannendes wie widersprüchliches, sympathisches wie stark zergliedertes Viertel im Umbruch. Es zeigt sich als komplexer gewachsener Stadtraum, in dem verschiedene Planungsinitiativen über die Jahre mehr Schnitte, Narben und Zäsuren denn produktives Miteinander, Harmonie und Sinnfälligkeit herbeigeführt haben. Vor diesem Hintergrund stellte das Projekt Von fremden Ländern in eigenen Städten die stetige und andauernde Arbeit der Protagonistinnen und Protagonisten des Viertels ins Zentrum, die in einer geduldigen Anpassung an die Umstände versuchen, dem Viertel wieder ein menschliches Maß zu verleihen und ihren Stadtteil wieder als Lebensraum zu generieren. Damit drang das Projekt nicht nur tief in den lokalen Kontext des Düsseldorfer Bahnhofsviertels ein, um seinen aktuellen Entwicklungen die faktische Realität der Orte gegenüber- und anbeizustellen. Es erforschte auch die Kapillaren einer urbanen Typologie, die aktuell international an einem Wendepunkt steht, und liefert damit übertragbare Erkenntnisse im Rahmen der Neuentwicklung von Bahnhofsvierteln.

FROM FOREIGN LANDS IN OUR OWN CITIES

 

Introduction Around Düsseldorf Hauptbahnof (central station), one last moment of urban life is being realized in all its harshness, heterogeneity, and beauty. The district is considered the last unexplored urban space in the city, and is currently seeking its own future. As a central point for welcoming guests and as a virulent interface between the wider world, locality, and the individual, the quarter is characterized by dysfunctional urban spaces, non-pedestrian-friendly transportation concepts, and 1980s architecture lacking any sense of a human dimension. It is here that countless hidden cultures and subcultures have reluctantly, subversively, and stubbornly settled. As a major interdisciplinary art and cultural project with participants from the fields of visual art, theater, dance, film, and music, but even more importantly with residents and active voices from the neighborhood, the project Von fremden Ländern in eigenen Städten (From Foreign Lands in Our Own Cities) searched for its future, which is currently being determined by major urban planning transformation processes.

 

Prologue 2017 In 2017, as part of an extensive prologue to the project, around thirty city tours, which were primarily developed and carried out by the residents and protagonists of this particular urban space, were offered as an entry point and a research phase. The tours invited the urban population on a journey through their own city: an experience that often revealed surprisingly unknown territories and was met with overwhelming interest. Exhibition 2018 In 2018, the project then presented the perspectives of this heterogeneous urban space developed by artists and the protagonists of the district in a large-scale public exhibition. Under the curatorial and organizational direction of MAP, seventeen contextual art projects were developed by international artists along with a comprehensive events program featuring theater, dance, and media projects, in cooperation with various partners and local residents.

 

Epilogue 2019 In 2019, the project was concluded with an epilogue that raised questions about the future implementation of the project’s results through policy and planning. How can the findings of the artists and residents lead to direct measures to establish a sustainable and effective relationship between art, everyday culture, and urban planning in the relevant districts? How can processes of participation be honestly and effectively devised in order to actively apply civilian expertise in urban development? What do the operational structures look like that will lead to long-term cooperative thinking and action between all of the city’s stakeholders?

 

A Tour The exhibition took place along a compact circular route in the immediate vicinity of Düsseldorf’s main train station, so that it was possible to experience the spatial typologies and sudden changes of scenery condensed in the smallest of spaces in all their heterogeneity. From Worringer Platz, the subcultural center of the district, the route led alongside the ‘Central’ and megalomaniac 1980s postal buildings through the inhospitable and virulent transit space surrounding the international bus station to Konrad-Adenauer-Platz, the city’s ambivalent area for receiving visitors. The radical difference in the attention economy at the front and back of the station became apparent when one crossed the station and arrived at the much-maligned Bertha-von-Suttner-Platz, giving way to a noticeable decrease in excitement in the former working-class district of Oberbilk. Here, Eisenstraße leads to the district around Ellerstraße, which is traditionally characterized by migration and multicultural cooperation. The milieu around Bahndamm and Vulkanstraße, which has almost disappeared, has now become just as much of a venue as the reported red-light passage along Mintropstraße between table-dancing bars, hammam, and legendary studios. Back at the front of the station, Stresemannplatz marks the beginning of a vibrant international quarter of living, working, and Asian flair, and the end of the tour.

 

Transition The exhibition course thus led through a highly exciting yet contradictory, congenial yet heavily dissected quarter in a state of transition. It manifests itself as a complex, mature urban space, in which various planning initiatives have registered more cuts, scars, and breaks over the years than productive cooperation, harmony, and purpose. Against this backdrop, the project Von fremden Ländern in eigenen Städten focused on the steady and ongoing work of the district’s protagonists, who, patiently adapting to the circumstances, are trying to give back a human dimension to the neighborhood and make it a comfortable living environment. With this venture, the project not only deeply penetrated the local context of Düsseldorf’s station quarter to compare and contrast its current developments with the factual reality of the locations, but it also explored the capillaries of an urban typology that is currently and internationally at a turning point, thus providing transferable insights in the context of the redevelopment of the station quarter.