Katharina Sieverding
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Katharina Sieverding

KATHARINA SIEVERDING
GLOBAL DESIRE
BAHNHOFSVIERTEL DÜSSELDORF

 

Ort:
Fassade Central, Worringer Straße 140

 

Text:
Barbara Hess

 

Partner:
Düsseldorfer Schauspielhaus

 

 

English version

„Was will das Bild?“, fragte der Pionier der Bildwissenschaften W. J. T. Mitchell in den 1990er-Jahren, als die gesellschaftliche Macht der Bilder im digitalen Zeitalter zur wachsenden Herausforderung wurde.[1] Daran schlossen sich Überlegungen an, was Bilder eigentlich sind, was sie sagen und wie sie es tun. Katharina Sieverdings monumentaler, über zweihundert Meter langer und vier Meter hoher Fries Global Desire Bahnhofsviertel Düsseldorf greift diese Fragen auf und stellt sie in den öffentlichen Raum.

Das Kontinuum aus fast vierzig Bildern, die sich wie eine filmische Montage aus einzelnen Frames aneinanderreihen, erstreckt sich von der Fassade des Central, der Interimsspielstätte des Schauspielhauses, über die gesamte Länge des ehemaligen Postgebäudes bis zum Worringer Platz und verbindet dadurch einen fragmentierten urbanen Raum. Eine der ersten Einsichten, die das Werk vermittelt, ist die Vielschichtigkeit von Bildern und ihr hybrider, kompositer Charakter. So ist Global Desire Bahnhofsviertel Düsseldorf zugleich eine Art Werkschau, die Arbeiten der Künstlerin von den späten 1970er-Jahren bis in die Gegenwart kompiliert – Arbeiten, die ihre eigenen Titel und Geschichten haben. Ihre Quellen sind die Filmgeschichte, Kriegsbilder und Aufnahmen von Lagern aus den Nachrichten, Aufnahmen aus der Weltraumforschung ebenso wie bildgebende Verfahren, die Prozesse im Körperinneren sichtbar machen – Momentaufnahmen der prekären Verhältnisse im elektronisch vernetzten „globalen Dorf“, von dem der Medientheoretiker Marshall McLuhan bereits Mitte der 1960er-Jahre sprach. Diese Bilder werden überlagert von anderen visuellen oder sprachlichen Zeichen. Über dem gesamten Zyklus scheint die Frage zu stehen, wie Bildproduktion und Bedeutungsproduktion zusammenhängen. Global Desire I (2017) zeigt in einem verfremdeten Darstellungsmodus den nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un mit Begleitern beim Verlassen des Amazon Fulfillment Center in Phoenix, Arizona. „Was bedeutet dieses Fragment, dieser Akt, diese Szene auf der globalen Bühne der Instanzen der einen und der anderen, aller?“, fragt Sieverding.[2] „Ein Bild“, schlug Mitchell vor, „ist kein Text, der gelesen werden will, sondern die Puppe eines Bauchredners, in die wir unsere eigene Stimme hineinprojizieren.“ Bedenkt man, dass Katharina Sieverdings künstlerische Laufbahn mit dem Bühnenbild begann und betrachtet man den räumlichen und institutionellen Bezug von Global Desire Bahnhofsviertel Düsseldorf zur Spielstätte des Central, erscheint es umso einleuchtender, dass es in der Verantwortung der Passantinnen und Passanten auf der Bühne des städtischen Raums liegt, die Bilder zum Sprechen zu bringen und zu formulieren, was sie sind und was sie wollen.

 

 

[1] Siehe die Kapitel „Was will das Bild?“, in: W. J. T. Mitchell, Das Leben der Bilder. Eine Theorie der visuellen Kultur, München 2008, S. 46–77, und „Was wollen Bilder wirklich?“, in: ders., Bildtheorie, hg. von Gustav Frank, Frankfurt am Main 2008, S. 347–370.

 

[2] Siehe die Informationen zu den Werken: https://www.dhaus.de/download/4397/3_2018_ks_global_desire_bahnhofsviertel_duesseldorf_2018_werkinformationen. pdf.

GLOBAL DESIRE BAHNHOFSVIERTEL DÜSSELDORF

 

“What do pictures want?” asked the pioneer of visual culture W.J.T. Mitchell in the 1990s, when the social power of images in the digital age was becoming a growing challenge[1]. This was followed by reflections on what images actually are, what they say, and how they say it. Katharina Sieverding’s monumental frieze—over two hundred meters long and four meters high—entitled Global Desire Bahnhofsviertel Düsseldorf (Global Desire Station District Düsseldorf) addresses these questions and places them in the public space. The continuum of almost forty images, strung together like a cinematic montage of individual frames, stretches along the entire length of the former post office from the façade of the Central, the theater’s interim venue, to Worringer Platz, thus binding together a fragmented urban space.

One of the first insights conveyed by the work is the complexity of images and their hybrid, composite character. Thus Global Desire Bahnhofsviertel Düsseldorf is also a kind of retrospective, compiling the artist’s works from the late 1970s to the present—works that have their own titles and stories. Sieverding’s sources include film history, news images of wars and camps, and images from space research, as well as imaging techniques that visualize processes inside the body—snapshots of the precarious conditions in the electronically networked “global village,” about which the media theorist Marshall McLuhan was already speaking in the mid-1960s. These images are overlaid with other visual or linguistic symbols. The question across the entire series seems to be how image production and meaning production are connected. In a distorted display mode, Global Desire I (2017) shows the North Korean leader Kim Jong-un leaving the Amazon Fulfillment Center in Phoenix, Arizona, with his attendants. “This fragment, this act, this scene on the global stage of this and that authority, everything—what does it all mean?” asks Sieverding.[2] “A picture,” suggested Mitchell, “is not a text that wants to be read, but a ventriloquist’s doll into which we project our own voice.” Considering that Katharina Sieverding’s artistic career began with stage design, and considering the spatial and institutional relationship between Global Desire Bahnhofsviertel Düsseldorf and the Central venue, it seems all the more evident that the responsibility lies with the passers-by—on the stage that is the urban space—to make the pictures speak and to formulate what they are and what they want.

 

 

[1]chapter entitled “Was will das Bild?,” in: W.J.T. Mitchell, Das Leben der Bilder. Eine Theorie der visuellen Kultur, Munich 2008, pp. 46–77, and “Was wollen Bilder wirklich?,” in: id., Bildtheorie, ed. Gustav Frank, Frankfurt am Main 2008, pp. 347–370.

 

[2] See 2 See information on the works: https://www.dhaus.de/download/4397/3_2018_ ks_global_desire_bahnhofsviertel_duesseldorf_2018_werkinformationen.pdf.